Die ersten Kilometer einer Reise sind die Träger einer unwirklichen Welt. Noch nicht fort, aber auch noch nicht da, unterwegs, irgendwo, die Richtung muss sich erst formen. Ich kann es noch gar nicht fassen, dieses Endlich-Unterwegs-Sein. In ein Abenteuer, in ein Neues, das wir ganz allein beschreiben dürfen. Fünf Menschen, drei Wochen, quer durch Albanien mit dem Camper. Eng beisammen, ausgeliefert an das Zusammensein. Geteilt wird ohne Zögern, die Freude, das Glück, das Ungünstige, die Not und der Frust. Wie viel Frust müssen wir nun abladen, nach so einem Jahr. Wie viel Glück schaffen wir, anzunehmen, wie viel davon können wir konservieren für einen Herbst, der vielleicht wieder kein Freier, Drachenfliegender sein wird. Der Vorsatz, das Hier und Jetzt zu genießen, wird nun, unter diesen Vorzeichen jedoch eine Verpflichtung. Los gehts. Unser Ziel: Mit dem Camper durch Albanien. Offroad von Süden bis Norden.
Auf dem Weg nach Albanien: Ein Camper in Ferrara
Aliens sind wir, ein Camper mit Sandblechen und Solarstrom am Dach, auf dem Weg nach Albanien. Parken mitten in Ferraras historischem Zauberwald. Schließt man kurz die Augen, sieht man Bürgerinnen und Bürger über das Kopfsteinpflaster zum Markt flanieren, Eselgespanne Waren ausliefern und Priester aus der Kathedrale mit wehenden Gewändern eilen. Beschaulich bietet sich Ferrara an, als sorglosere, ranzigere, entspanntere Schwester Paduas. Wir bummeln durch die verzweigten Gassen der Altstadt, schlecken Eis und freuen uns über die erste echte Pizza dieses Jahres. Unser winziges, gastfreundliches Hotel erbebt bloß einmal, gegen Mitternacht, als Italien den Fußball-WM-Sieg in die Tasche steckt. „Are you American?“ fragt uns am nächsten Morgen ein sehr fesch zurechtgemachter Polizist. „Italy is best“, der Stolz blinzelt durch seine verspiegelten Gläser, ohne auf unsere Antwort zu warten.
Der Weg nach Albanien mit dem Camper: übers Meer nach Griechenland
Eine Schifffahrt, die nur eine Schifffahrt ist, erfordert Geduld. Sie fordert eine Art Hingabe, eine Art Wissen darüber, dass die Zeit auch ohne unser hektisches Zutun vergeht. Es gibt nichts zu tun, außer auf die Ankunft zu warten. Man könnte etwas Sinnvolles tun. Man könnte versuchen, der Überfahrt einen Mehrwert zu geben, irgendwie bleibt es aber unmöglich. Ich gebe mich hin, der puren Verschwendung von Zeit.
Grimaldi Lines haben beschlossen, es den Reisenden ein bisschen schwer zu machen. Wir fahren mit dem ältesten, hässlichsten Schiff von Ancona nach Igoumenitsa. Das Virus existiert an Bord nicht, das wir mit gefühlten 500 Jugendlichen aus Slowenien teilen. Es ist eng und es bleibt eng auf der Überfahrt. Und laut. Wir trinken mitgebrachten Sauvignon Blanc, schauen, dass die Buben satt sind und freuen uns auf einen Schlaf, der nicht schon das Aufwachen mit sich trägt. Es ist nämlich egal, wie lange wir schlafen. Das Schiff arbeitet für uns. Wir erträumen uns schon mal den Weg: Albanien mit dem Camper.
Dann kurz vor Mitternacht ein lauter Kracher. Der große 15-Jährige kracht mitsamt dem Stockbett auf das darunterliegende Bett. Darin liegt der kleine Bruder. Eine Handbreit vor dessen Nase kommt das herabfallende Bett zum Stillstand. Der Kleine in Schockstarre, die Erwachsenen schreien, der Kleine flüchtet, das Bett fällt tiefer. Um halb ein Uhr morgens bekommen die Kinder ein Upgrade in eine Außenkabine. Am Morgen, bei erstaunlich gutem Stehcafé das blaue Meer, die Weite, der Horizont. Der verspricht uns, dass alles möglich ist, sogar das Gute. Wir finden es in einer kleinen Bucht zwischen Sivota und Igoumenitsa.
Der Zauber der Eintönigkeit
Jeden Tag dasselbe tun. Jeden Tag eigentlich nichts tun. Die einen sehnen sie herbei, diese Tage, deren Eintönigkeit diesen besonderen Zauber verspricht. In den Tag versinken, die Minuten ziehen lassen, das Gestalten sein lassen, ein- und ausatmen. Vertrauen, dass die Welt sich auch ohne unser Zutun weiterdreht. Und einem Ende zusteuert, das nicht in unseren Händen liegt.
Die anderen haben Angst. Sie fürchten sich vor dem Immerselben, vor der Aussicht auf das Nichts. Das Versinken in das bloße Sein erschüttert ihre Seele, die sich an jedem neuen Aufbruch nährt. Jeden Tag dasselbe zu tun, gleicht einer Verdammnis, in der das Leben ohne Mitwirkung, ohne große Taten und Erlebnisse vorüberzieht und zu einem einzigen Ein- und Ausatmen verkommt.
Ich bin tief davon überzeugt, dass es eben diesem unendlichen Ende völlig egal ist, wie viel wir tun oder wie lange wir nichts tuend an einem einzigen wundervollen Strand liegen.
Endlich in Albanien: Igoumenitsa – Lukovё
Wir passieren die griechisch-albanische Grenze. Erinnerungen an den kalten Krieg befallen mich. Erzählungen von Raubüberfällen an Touristen, eine bedrohlich rot-schwarze Flagge. Der Zöllner winkt uns beiseite. Als er die Buben auf der Rückbank sieht, umspielt ein Lächeln seinen strengen Mund. Unser Weg führt uns durch den überaus wilden Badeort Saranda. Hier geht es lustvoll und protzig zu. Teure Autos werden zur Schaustellung durch die Straßen spazieren geführt, Restaurants, Cafés und Hotels wachsen wild, ohne Plan aus dem Asphalt. Das Meer glitzert blau-weiß, die Frauen tragen hohe Schuhe, ein Schaubild der Eitelkeiten, die Kellner freundlich.
Uns zieht es weiter, bei Lukovё verlassen wir die befestigten Straßen, ziehen mit unserem Camper Spuren durch die sandige Straße, stetig bergab, vor uns das große Blau. Es ist, als würden wir in ein großes Nichts hinabfahren, das erst in den tosenden Wellen endet, die Steine weich und rund gespült.
In Albanien findest du das Tor zum Horizont
Das Tor zum Horizont. Ein kleiner Zeltplatz, eine kleine Bar mit starkem Kaffee und gutem Bier. Die Stellplätze nur einen Steinwurf entfernt vom türkisenen Wasser. Zwei Stunden toben die Buben in den Wellen, essen dazwischen eine halbe Wassermelone, um sich dann wieder von den Meereskobolden an Land spülen, unter Wasser ziehen und vom Weg abtreiben zu lassen. Es ist ein gefährlich vergnüglicher Tanz. Er endet mit Kratzern und Schrammen, die vor lauter Glück nicht wehtun.
Campen, das ist Leben ohne Eile
Ein Leben außerhalb von Zeit und Raum. Ohne W-Lan und Nachrichten. Die Sonne bestimmt den Tag, das Rollen der Wellen begleitet uns bis in die Nacht. Hell in der Sonne, kühl im Schatten, ein Wechselspiel für den Körper. Frei von Pflicht und Funktion wieder das Spielen lernen: Das Reiten auf den Wellen, dem Knirschen der Steine unter Wasser zuhören, das Hoch und Nieder im Wasser. Stundenlang, zeitvergessen, selbstvergessen, weit weg das Müssen und Eilen.
Rafting und heiße Quellen in Albanien: mit dem Camper von Lukovё nach Permet
Das Meer fordert zum Abschied ein Opfer. Wild und tosend verschlingt es gierig drei Taucherbrillen, zieht sie förmlich hinein in das ewige Wogen. Die Brillen verschwinden in seinem Schlund. Dann dürfen wir gehen. Es zieht uns ins Innere Albaniens, erst bei der Abfahrt entscheiden wir uns, Richtung Permet zu fahren. Meistens sind die ungeplanten Dinge im Leben auch die besonderen Wege. Wir hatten den Fluss Vjosa nicht am Schirm, dann rauscht er zu unseren Füßen.
Raften am Vjosa
Unser Guide studiert in Boston, allerdings war er wegen Corona noch nie in Boston und hilft beim Raftingclub aus. Seine Großeltern waren griechische Bauern, die mehrere hundert Maultiere besaßen und die Handelswege im griechisch-albanischen Grenzgebiet bedienten. Der Vjosa führt türkises Wasser und hat sich im Laufe der Jahrtausende einen eindrucksvollen Weg durch das unwegsame Gelände gebahnt. Die Ausläufer der Unwetter über Mitteleuropa treffen auch uns, so bietet uns der Himmel ein verrücktes Wechselspiel aus Licht und Dunkel, während wir uns in nasse, klebrige Neoprenanzüge quetschen.
Der Fluss führt um diese Jahreszeit schon wenig Wasser, für Rafting-Anfänger wie mich, ideale Bedingungen. Ein kleines Abenteuer. Immer wieder wird der Fluss wild und brodelnd und wir kämpfen uns mithilfe der Kommandos des Bootsführers durch den Fluss. Wir fühlen uns als Team. Dann wieder gleiten wir fast lautlos zwischen bizarren Felsformationen, die Zeit scheint kurz auszusetzen, bis uns die nächste Stromschnelle aus unseren Tagträumen aufweckt. Hin und wieder sehen wir Müllberge an den Abhängen kleben, Müll der einfach in den Fluss gekippt wurde. Unser Bootsmann erzählt uns, dass er dreimal im Jahr mit seinen Kumpels den Fluss und seine Böschungen reinigt. Den Alten sei es egal.
Vergangenheit und Zukunft berühren sich in Albanien
Wir kehren zur Stärkung ins Café „Schatz“ im Zentrum Permets ein. Die Stadt war einst Zentrum des faschistischen Widerstands. Heute spürt man eine subtile kriegerische Atmosphäre, die durch den steil hinaufragenden Stadtfelsen irgendwie bestätigt wird. Herr „Schatz“ hat drei Jahre in Berlin gearbeitet, das erzählt er uns mit Händen und Füßen, denn Deutsch kann er nicht. Er ist ein stolzer Kaffeehausbesitzer, man sieht es ihm an. Mein Mann liebäugelt mit der blitzenden Espressomaschine. Wir bekommen einen Cappuccino aus der Tüte, den Herr Schatz eigens vom Nachbarkaffee geholt hat. Erst nach viel Verhandeln und Deuten bekommen wir noch einen Espresso aus der Maschine.
Eine Camping-Nacht bei den heißen Quellen
Der Regen hört auf, es zieht uns in die Einsamkeit. Abseits der heißen Quellen in der Nähe von Permet finden wir ein Plätzchen mit Blick auf den warmen Fluss. Die Kinder spielen stundenlang unten im Flussbett, springen ins Schwefelwasser und bringen seinen Geruch mit in den Schlaf. Er hilft uns, die bösen Geister der einsamen Nächte zu vertreiben.
Albanien, das ist offroad. Permet – Sevran – Ozum Canyon – Berat
52 Kilometer offroad. Kurven, Schlaglöcher, Aussichten, die den Atem nehmen. Schafft das mister fox? Ja, er schafft es. In Sevran kehren wir ein. Wir nennen sie Mama Albanese. Sie hat ein Café am Straßenrand. Es gibt köstliche Vorspeisen, die sie aus dem Gemüse ihres Gartens zaubert. Die Bienen, die den Honig zu den selbstgemachten Krapfen machen, haben noch nie ein Hochhaus gesehen. Die Milch im türkischen Kaffee ist cremig. Die Enkelkinder spielen unten in der Wiese. Um uns nur Gärten, blühende Natur und Freundlichkeit. Eigentlich war diese Einkehr schon die gesamte Reise wert.
Die weiße Stadt Albaniens: Berat
Der Name der Stadt ist wie eine Verheißung, ein Ruf der Ewigkeit. Die weiße Stadt, seit mehr als 2000 Jahren bewohnt. Hier spürt man den Orient, hier lebt man Europa. Es ist wohl die Kombination aus Orient und Okzident, die die Stadt so besonders macht. Sie ist jung und alt zugleich, wird aus der Strömung des Flusses Ozum gespeist, lockt mit wildem albanischen Leben, Straßenverkehr, versteckten Guesthouses und Restaurants mit Dachterrassen. Wir stromern durch die Neustadt, passieren Fleischer, Gemüsehändler, Bäckerläden. In den belebten Cafés werden wir mit Wohlwollen und Freundlichkeit von Alten und Jungen genährt.
Unser Hotel gleicht einem alten Schloss, nachgebaut mit billigen Materialien. Der Besitzer hat sein Geld in England gemacht, seine drei Töchter sprechen fließend Englisch. Sie bringen uns ein Frühstück für Könige. Von Berat zieht es uns schließlich zurück ans Meer. Die Buben brauchen Wasser und Wind. Ein einsamer Campingplatz an der Lagune im Nirgendwo. Ein langer Sandstrand, der abseits den Müllbergen aus dem Meer Unterschlupf gibt. Ein Kitewind, der dann doch keiner wird. Eine Brücke, von der aus perfekte Saltos ins Meer gemacht werden.
Nach drei Tagen Stillstand werden wir unruhig. Weiter zieht es uns. Das Neue, das Abenteuer ruft uns. Warum sind wir nur so hungrig nach dem Leben? Verliebt in dieses Land. Wollen wir es kreuz und quer für uns erobern.
Orient in Albanien: Der Camper rollt von Kavaje nach Burrel bis Peshkopi
In Peshkopi küsst der Orient den Okzident. Der Hoteldirektor räumt seinen Parkplatz für uns. Wir haben den Buben ein sauberes Bett und eine warme Dusche versprochen. Wir wohnen im besten Haus am Platz. Der abendliche Xhiro findet in der nahen Fußgängerzone unter den alten Linden statt. Es ist ein tägliches Spiel aus Begehrlichkeiten, Eitelkeiten und der Sehnsucht nach Geselligkeit. Junge Männer, in 4-er oder 5-er-Gruppen, perfekt rasiert gepflegt gekleidet, promenieren stundenlang auf und ab, alte Männer treffen sich bei den Bänken, ein paar junge Mädchen zeigen sich in modernen Klamotten den potentiellen Werbern. Frauen mit traditionellen Kleidern und Kopftüchern führen Kinderwägen spazieren und besprechen flüsternd Persönliches. In den Cafés sitzen fast nur Männer, fast fühle ich mich exotisch, beobachtet, wage es lange nicht, eines zu betreten.
Der Basar von Peshkopi – Ein Händeschütteln mit Albanien
Am folgenden Tag erkunden wir die Einkaufsstraße, schlendern an Gemüsehändlern, Hallal-Fleischereien und Geschäften für Haushaltswaren vorbei. Wir erobern unter viel Händeschütteln und Schulterklopfen den unterirdischen Bazar. Ein Mann, in einer Art Minibaumarkt arbeitet, erzählt uns in perfektem Deutsch: „Ich habe Mathematik studiert. Die einzige Option Geld zu verdienen, ist für mich, in Deutschland Schwarzarbeit zu machen.“ Während wir miteinander sprechen, entsteht um uns eine kleine Traube von Menschen. Es ist fast so, als wollten sie unser blondes Haar berühren. Die einzigen Touristen in einer Stadt zu sein, verleiht einem die Aura der Abenteurer.
Prüfung für mutige Camper
Haben wir den Glauben an das Gute im Menschen verloren? Wir liegen im Zelt, die Kinder gut verstaut im Camper. Über uns, im Netz, der Pfefferspray und das Messer. Vor meinem inneren Auge spielen verschiedene Gewaltszenen ein verrücktes Spiel. Sehe uns Fünf gehängt auf einem Baum. Der Vollmond leuchtet das Zelt aus. Unsere Schatten fallen lange vor uns, als wir noch ein letztes Mal nachsehen, ob wir alleine sind. Was ist bloß los mit uns?
Offroad, Angst und gute Taten: Mit dem Camper auf Schotter Richtung Kukes
Unsere lange Tagesetappe führt uns über unbefestigte Wege von Peshkopi Richtung Kukes. Kurz bevor die Schotterpiste wieder zu einer befestigten Straße stößt, schlagen wir an einem Fluss unser Nachlager auf. Etwas abseits der Straße. Die Buben sind mit der Eroberung des Flussbettes beschäftigt, große Runde Steine grollen darin. Wir trinken Bier und Wein und braten Würstchen.
Wir sitzen beim Abendessen, als ein fremder Mann, etwa 40 Jahre alt, gekleidet mit einem Jogging-Anzug mit Mercedes Stern-Aufdruck, aus dem Nichts auftaucht. Er grüßt, setzt sich 5 Meter von unserem Lager entfernt auf den Boden und raucht wortlos eine Zigarette. Wir sind sprachlos, überlegen, entschließen uns für Gastfreundschaft. In meinem brüchigen Albanisch erkläre ich ihm, dass es sich um Wein handelt. Er nimmt an, trinkt, raucht, schweigt. Nach einigen weiteren Minuten weiteren unbehaglichen Schweigens, sammle ich meine albanischen Wörter aus dem Hinterkopf und frage ihn, wo sein Dorf, sein Haus, seine Familie sei. Dann bricht das Eis schneller als es uns lieb ist.
Albanien: Vertrauen wir dir?
Er sitzt an unserem Tisch, zeigt uns Fotos, Kinder, Kühe, Acker, Bienenstöcke. Das brüchige Albanisch und der Google Translator helfen uns, bis wir das Gefühl haben, dass es eigentlich genug ist. Mein Mann begleitet ihn nach Hause, lernt Kinder und Frau kennen. Trinkt Raki und Kaffee. Er muss morgen wiederkommen, wenn wir weiterreisen. Dann quälen uns nächtlichen Phantasien, die uns Gefahr vorheucheln, wo wir nur Gastfreundschaft erfahren haben. Zugegeben, es war seltsam. Aber deshalb gleich Gefahr riechen?
Der albanische Bauer hat vier Kinder, eines davon ist behindert. Es wird von den Geschwistern betreut. Der Gedanke an diese Kinder durchquert meinen sonst so friedlichen Morgen. Der Bauer ist nicht bitterarm, er besitzt Tiere und Land. Trotzdem wird er sich Medikamente oder einen Rollstuhl nie leisten können. Kann er die Buntstifte für die Kinder, das Öl für den Traktor zahlen? Beim Abschied hat er Tränen in den Augen. Eine feste Umarmung. Ein Hundert Euro Schein liegt in seinen Händen. Der nächste Monat wird sicher leichter. Und trotzdem fühlen wir uns nicht leichter.
Der Camper hat Pause: Flussfahrt im Norden Albaniens: Fierza – Koman – Skodra
Er hat genug von den Schotterpisten. Er, der anfangs nur Schotter unter den Rädern haben wollte. Eine erholsame Fahrt steht uns bevor. Wir fahren mit der kleinen Flussfähre von Fierza nach Koman. Fast drei Stunden verbringen wir auf dem kleinen Schiff, das uns gemächlich durch eine fjordartige Landschaft Richtung Koman bringt. Wir stellen die Campingstühle auf, kommen mit Mitreisenden ins Gespräch. Fotografieren die türkise-grünen Lichtspiele, die Sonne und Wasser uns zeigen. Es ist eine beschauliche Fahrt, die uns nach den abenteuerlichen Tagen im Hinterland ein wenig Ruhe verspricht. Fast unerträglich fühlt sich die holprige Straße in Koman an, das leise Gleiten über den Fluss hat uns in einen wunderbar beruhigten Zustand gebracht.
Nun müssen wir schon rechnen. Wie viele Tage bleiben uns noch? Wie lange können wir an welchen Orten noch bleiben? Wie viele Stationen brauchen wir für die Rückfahrt von Nord-Albanien bis Österreich. Quälend empfinden wir diese Rechnereien. Der Skodra-See bleibt uns für die nächste Albanienreise. Wir beschließen, die wenigen Tage, die uns bleiben, in Montenegro zum Kitesurfen und für die gemütliche Heimreise aufzuteilen.
Auch Camper weinen Abschiedstränen
Wir stehen an der albanischen-montenegrinischen Grenze. Leise rollt eine Träne über meine Wange. Abschiede waren noch nie meine Sache. Ein Land, das sich tief in mein Herz gebrannt hat, zu verlassen, verlangt mir nun einiges an Schmerzen ab. Es ist diese wunderbare unberührte Natur, die Freundlichkeit der Menschen, das großartige Blau der Riviera, das mich zu einem Fan Albaniens gemacht hat. Die Zöllner winken uns weiter, wie gerne hätte ich ihnen gesagt, dass ich eigentlich gar nicht gehen will.