Blut und Wasser

Familiärer Zusammenhalt in Ferienzeiten

Unter dem Titel „Blut und Wasser“ möchte ich unsere Semesterferien zusammenfassen. Kurz. Es war anders als geplant. Und das lag an mir. Ich war müde, ich war krank und war mutig. Ich habe das, was wir geplant hatten, abgesagt. Alle anderen waren gesund. Niemand hatte Einwände. Was für ein Segen. Wie herrlich hätten die Ferien sein können, wenn nicht ich, am Ende des Winters, Erschöpfungsanzeichen gesammelt hätte, wie andere Porzellanelefanten.

Dann waren alle erleichtert. Stille Stimmen murmelten im Haus, tauschten sich über die Erleichterung aus, dass keine Pläne vor uns lagen, die um jeden Preis erfüllt werden sollten. Es trudelten Fotos von verschneiten Hängen ein, von leuchtenden Schikurs-Siegerehrungen, von Hüttengaudi und Sonnenschein. Ja, das hätten wir auch haben können. Uns war dieses Jahr anderes bestimmt.

Bündnisse fürs Leben

In einem Haus mit drei kleinen und einem großen Mann geht es naturgemäß um Bündnisse. Wer mit wem? Wer hat schon mit wem? Wer hat noch nicht mit wem? Und wer hat vom anderen die Nase voll? Der Große fuhr zwei Nächte zu den Großeltern. Der Mittlere stöhnte: „Endlich Ruhe“.  Der Kleinste weinte dicke Tränen. Dann verbündeten sich die sonst gekrönten Streithähne und spielten 2 Tage Extremstreitfrei.

Dann kam der Große zurück, der Mittlere fuhr ab. Der Große seufzte: „Endlich Ruhe“ und verbündete sich durch Arbeit am Campingbus mit seinem Papa. Der Kleinste weinte am Bahnhof dicke Tränen. Und dann waren alle wieder da. Im frühlingshaften Trampolin vereinten sich die drei Brüder wieder. Groß, mittel und klein, hüpften und hüpften.

Dann hörte ich durchs gekippte Fenster Tränen, Wut und Aggression. Erbost, erschüttert und zerkratzt kam der Kleinste und polterte an die Terrassentür. Schutz beim einzig „weichen“ Familienmitglied (Das sagt der Kleinste!) suchend erklärte er mir die Lage: „Mama, sie ärgern mich dauernd. Mama, das ist so gemein. Aber Mama, ich muss bei ihnen sein. Ich liebe sie so. Sie sind mir so wichtig.“ Ja, liebe kritische Leserinnen und Leser, der Fünfjährige kann so deutlich sagen, was er spürt. Das kann er. Nach diesem Bekenntnis eilte er, die dicken Tränen noch auf den Wangen wieder zurück ins Trampolin, wo Groß und Mittel miteinander spielen. Ich brauche wohl nicht weiter zu erzählen, dass sich nach 5 Minuten, oder waren es nur 3, das ganze Spektakel wiederholte.

Auf dem Weg zur Hölle hätte ich ein Segensgebet gesprochen.

Dann der vorletzte Ferientag. Frisörbesuch. Der Große schnappte dem Mittleren die Pole-Position am Waschtisch weg. Hämisch grinsend, mit einem lapidaren „Ich bin Erster“, löste er bedrohliches Säbelrasseln beim Mittleren aus. Passender wäre eine furchterregende Kriegsbemalung anstelle eines coolen Haarschnitts gewesen. Ich konnte das Blut zwischen den Scheren, Föns und Lockenwicklern riechen, als er andeutungsweise einen Stuhl umstoßen wollte.

Der Kleinste machte es sich leicht. Er wiederholte (wohlgemerkt kurz nach dem Frühstück) folgenden Satz gefühlte 100 Mal,  vor Entspannung suchendem Publikum: „Ich habe Hunger. Und wenn ich nichts zu essen bekommen, drehe ich durch“. Hätte sich der Boden unter meinen Füßen aufgetan, hätte ich auf dem Weg in die Hölle ein Segensgebet gesprochen. Übrigens waren sich alle drei einig, dass sie nach dem Frisör gerne Pommes im Kunsthaus essen würden. Nix da. Ab nach Hause.

Dann gestern. Der letzte Ferientag. Mehr Blut als Wasser. Jeder gegen jeden. Wir Großen waren versucht, auch mitzumachen.  Zwischendrin dachte ich mir, dass es auch eine Wohltat ist, wenn es so richtig unharmonisch ist. Sätze wie: „Bitte sprich mich jetzt nicht mehr an, ich explodiere sonst“, spricht man ja ungern aus. Und doch sind sie ein wenig wie Wasser aufs Blut.

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